Werte und Profit – Akzeptanz entsteht durch Austausch und Kommunikation

Die „neue Qualität des Wohlstands“ ist in aller Munde. Dabei ist oft nichts Geringeres als die Quadratur des Kreises gemeint: Den Lebensstandard von heute halten, ohne die Lebensqualität künftiger Generationen zu beeinträchtigen. Theoretisch einleuchtend. Praktisch unmöglich.

Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen gefordert

Trotzdem erwarten die Kunden in diesem Nullsummenspiel gerade von Unternehmen Schützenhilfe. Schon lange sollen Unternehmen zusätzlich zu Verkauf und Umsatzsteigerung einen wahrnehmbaren öffentlichen, gesellschaftlichen oder sozialen Beitrag leisten.

Eine McKinsey-Umfrage zeigt das: 65 Prozent der Befragten fordert darin, dass Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung mit der Schaffung von Arbeitsplätzen wahrnehmen sollen, 43 Prozent halten bahnbrechende Innovationen für eine der gesamt-gesellschaftlichen Unternehmenspflichten und immerhin 41 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen sind der Meinung, Unternehmen sollten mit ihren Leistungen auch Antworten auf globale Probleme geben.

Werteorientierte Strategie für viele eine Zerreißprobe

Soweit die Wunschvorstellungen. Die Frage ist: Ist das überhaupt möglich? Können Unternehmen wirklich konsequent übergeordnete Werte verfolgen und gleichzeitig nach Gewinnsteigerung streben? Die Antwort, die ich in den vielen Jahren meiner Beratertätigkeit und aus der einen oder anderen Lektüre gewonnen habe, ist ein klares: Jein.

Viele Unternehmen stellt eine wertebasierte Neuausrichtung vor handfeste Zerreißproben. Denn fast alle Werteentscheidungen ziehen Grundsatzentscheidungen nach sich, die tief in die Unternehmensstrategie eingreifen. Gar nicht so wenige Unternehmen kehren deshalb nach einem so hochmotiviert angetretenen Ausflug in die Wertewelt eines Besseren belehrt in die Profit-first-Strategie zurück.

Purpose als Auflösung des Zielkonflikts

Ranjay Gulati, Professor an der Boston Business School, sagt allerdings, dass es ein wirkungsvolles Instrument für die Auflösung des Zielkonflikts gibt: den Purpose, der aus seiner Sicht aus drei Elementen: eine große Ambition, eine langfristige Wirkung und ein klarer gesellschaftlicher Bezug.

Ein Purpose, der Sinn und Gewinn unter ein Unternehmensdach bringt, muss in der Strategie, Struktur und Kultur eines Unternehmens verankert sein. Er beeinflusst Unternehmensentscheidungen und das gesamte Unternehmenshandeln – ganz im Sinne des Shared Values-Ansatzes von Porter, der für die Entwicklung einer Unternehmensstrategie ja auch auf die Verbindung zwischen gesellschaftlichem und unternehmerischem Fortschritt setzt.

In der Praxis heißt das: Akzeptanz entsteht durch Austausch und Kommunikation

 Wie anspruchsvoll eine werteorientierte Strategie sein kann, zeigt das Gedankenspiel, das ich neulich unternommen habe. Ein Regionalversorger XY hat als Purpose die „Steigerung der Lebensqualität in der Region“. Wie umgehen mit dem Thema Wärmewende? Der Regionalversorger favorisiert nach wie vor den Gasverkauf als lukratives Gewinnerzeugungsmodell und sichert damit Arbeitsplätze. Gleichzeitig steht das dem Werteziel Klimaschutz = Lebensqualität entgegen.

Was tun? Wie entscheiden? Auflösbar dieser Konflikt? Langfristig vielleicht, in den nächsten 5 Jahren wohl nicht…

Mein Fazit lautet daher: Die perfekte Lösung gibt es nicht oder selten. Wir werden am Ende nicht immer alles allen recht machen können. Und Unternehmen und erst recht Stadtwerke in der turbulenten Energiewendezeiten müssen auch das lernen: Zielkonflikte aushalten. Das sagt auch Sarah Kaplan, Professorin an der Rotman School.

Weil diese Spannungen, so Kaplan, auch mal länger dauern können, ist der Dialog und Austausch mit den relevanten Stakeholdern für Unternehmen auch von entscheidender Bedeutung. Es zählt eben nicht nur das konkrete Ergebnis, sondern auch die Klarheit der Absicht und die glaubwürdige Entschlossenheit, die gesteckten (Purpose)Ziele zu erreichen. Das ist umso wichtiger, wenn auf dem Weg der Energiewende auch mal Rückschläge zu verkraften sind.

 

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