Akzeptanzkommunikation: Mitnehmen und abholen

Vor rund zehn Jahre antwortete Fußballweltmeister Thomas Müller auf die Frage, warum er seine Frau nicht mit nach Brasilien mitgenommen habe: „Sie ist ja keine Handtasche“.

Viele denken über Mitnahmeeffekte ganz anders als Herr Müller. Immer wieder ist zu hören und zu lesen, dass Mitarbeiter:innen, Zuhörer:innen, Teilnehmer:innen – und vor allem Bürger:innen unbedingt „mitgenommen“ oder alternativ „abgeholt“ werden müssten.

Was sagt uns diese Formulierung über die Einstellung des Redenden zur Kommunikation? Wer mitgenommen oder abgeholt wird, sitzt im besten Fall auf dem Beifahrersitz und ist letztlich dem Willen des Fahrenden ausgeliefert. Ratschläge vom Beifahrersitz werden entweder gekonnt ignoriert oder führen im schlimmsten Fall zu Streit. Ist das „auf Augenhöhe“?

Wie man es besser nicht macht

Viele Kommunikationsangebote sind Scheinmitnahmen – auch und gerade bei ambitionierten Projekten rund um Infrastruktur und Energiewende. Da werden Anwohner:innen und Bürger:innen allzu oft vor vollendete Tatsachen gestellt, allenfalls noch über Ergebnisse informiert. Von Teilhabe keine Spur. Dabei ist die Projektkommunikation, das Informieren „über den Stand der Dinge“, das Sprechen über die einzelnen Schritte so wichtig, und zwar für die Betroffenen genauso wie für diejenigen, die wie lokale Energieunternehmen auf die Zustimmung der Gemeinschaft vor Ort angewiesen sind.

Wer aus Betroffenen Beteiligte macht, ist klar im Vorteil

Die Zeiten, in denen Projekte nur wirtschaftlich sinnvoll, technisch umsetzbar oder rentabel sein mussten, sind vorbei. Heute müssen sie zusätzlich gesellschaftlichen Erwartungen genügen, Kriterien des Klimaschutzes, der Nachhaltigkeit und der Lebensqualität erfüllen. In Zeiten von Digitalisierung und einem „Dabeisein per Klick“ geht es mehr denn je um Teilhabe und damit auch um Akzeptanz.

Bürger:innen wollen zu Recht in laufende Planungsprozesse mit einbezogen, auf dem Laufenden gehalten werden, teilhaben und gehört werden. Bürger:innen, die ein Projekt akzeptieren, helfen mit und unterstützen die Sache – oder leisten zumindest keinen Widerstand. Umgekehrt gilt: Wer sich übergangen, ignoriert oder ausgeschlossen fühlt, stellt sich gerne quer. Worst case für Planer und Projekte.

Bedeutet also: Wer aus Betroffenen Beteiligte macht, ist klar im Vorteil. Und doch finden Bürgerdialoge, Infoveranstaltungen, Podiumsdiskussionen viel zu selten oder gar nicht statt. Der Grund: Angst. Angst davor, über laufende Projekte zu informieren, Angst vor Eskalation oder Streit, Angst davor, etwas nicht oder noch nicht zu wissen. Und Angst davor, tatsächlich etwas ändern zu müssen.

Fangen Sie an, reden Sie mit den Menschen vor Ort

Dabei ist es gerade in einer gespaltenen Gesellschaft wie der heutigen mitunter erfolgsentscheidend, Fronten gar nicht erst entstehen zu lassen und Risse zu kitten, bevor sie das Projekt zerreißen können und Gräben kommunikativ zuzuschütten, bevor sie unüberwindbar werden.

Bei der Akzeptanzkommunikation geht es also gar nicht so sehr um das „Ich weiß alles“, sondern vielmehr um das „Ich weiß um eure Sorgen, liebe Bürger:innen“. Es geht darum, zuzuhören und ehrlich zu sein. Es geht darum, eine Diskussion zuzulassen und zu moderieren, zu leiten und zu begleiten.

Wer jetzt schweigt, verpasst eine einmalige Gelegenheit. Nämlich die, sich zu positionieren. Und zwar als derjenige, der zuhört und strukturiert darüber informiert, was bekannt ist, und offen darüber kommuniziert, was noch nicht sicher ist. Und er verpasst die Chance, die Änderung zu gestalten. Und das nicht nur mit eigenen Ideen, sondern auch mit Input von anderen.

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